Angehörige - erste Schritte
- Am wenigsten hilfreich ist das, was in der Regel über Jahre hinweg
mit guter Absicht und aus Liebe getan wird: Die Problematik verbergen
zu helfen.
- Die Frage für Sie sollte nicht länger lauten: "Wie lange kann ich
als Mitwisser/in noch weiterhin hilfreich sein, die Abhängigkeit meines
Mannes / meiner Frau, meines Freundes / meiner Freundin, meines Familienangehörigen
zu vertuschen, für ihn / sie zu lügen und die Auswirkungen, die sein
/ ihr verändertes und gestörtes Verhalten hat, vor anderen zu entschuldigen.
Die Not wendende Frage an Sie selbst kann nur lauten: "Wann höre ich
endlich mit dem elenden Versteckspiel auf?" Der Mensch, für den Sie
bereits derart viel getan haben, und mit dem Sie bereits seit langem
mitleiden, ist ein Suchtkranker / eine Suchtkranke, der / die dringend
professionelle Hilfe benötigt!
Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Abhängigkeit hartnäckiger und die
Wahrscheinlichkeit größer, dass Sie immer mehr zum Teil des gesamten
Problems werden.
- Sie werden sich selbst - Ihr Denken und Handeln - wieder erkennen,
wenn Sie sich mit dem Thema Co-Abhängigkeit
beschäftigen. Tausende von Menschen vor Ihnen haben bereits durchlitten,
was Sie gerade durchmachen. Sie werden erstaunt sein, wie viele Gemeinsamkeiten
Ihr Denken und Handeln mit dem all der anderen Menschen hat, die in
irgendeiner Art von Beziehung zu einem Substanzabhängigen leben. Und
obwohl Sie aus Liebe handeln und helfen wollen, bewirkt vieles von dem,
was Sie bisher getan haben, eine Verschlimmerung der Situation.
- Das sehr häufig verwendete Argument suchtkranker Ärzt/e/innen, dass
ihnen Karriereende und Existenzverlust drohe, sobald auch nur irgendjemand
von ihrer Problematik erfahre, ist schlichtweg falsch!
- Richtig ist vielmehr, dass es in der Natur dieser Erkrankung liegt,
trotz anders lautender Beteuerungen am Substanzmissbrauch festzuhalten,
ja festhalten zu müssen, und zwar um (fast) jeden Preis!
- Und eben dieses krankhafte Verhalten bringt dann auch Arbeitsplatz
und Karriere in große Gefahr, ja letztlich die gesamte Existenz in Lebensgefahr!
Paradoxerweise drohen also die vom Suchtkranken befürchteten Ereignisse
gerade und nur durch das Fortsetzen der Substanzeinnahme und das weitere
Verheimlichen der Suchtproblematik tatsächlich zur Realität zu werden.
- Wenn Sie wirksam Hilfe leisten wollen, sollte es daher nichts Wichtigeres
geben, als die Krankheitseinsicht
bei dem / der Betroffenen zu fördern. Auch die besten und glaubhaft
vorgetragenen Argumente des / der Suchtkranken dürfen keine aufschiebende
Wirkung mehr haben. Alle Beteuerungen, es noch einmal in 'Eigenregie'
zu versuchen, und es 'diesmal auch ganz bestimmt zu schaffen' vom Substanzmissbrauch
loszukommen, werden zu (erneuten) Enttäuschungen führen. Lassen Sie
sich nicht vor diesen 'Karren spannen', als wenn die erfolgreiche Entwöhnung
einzig von der Qualität Ihrer Unterstützung abhinge.
Frühzeitige Krankheitseinsicht und die freiwillige
aktive Inanspruchnahme fachlicher Hilfe sind der Weg, um das Eintreten
aller Befürchtungen zu verhindern.
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